Dem Partner in die Karten schauen – Wie weit darf das Kartenlegen eigentlich gehen?

Typische Fragen beim Kartenlegen zum Partner

Was macht er gerade? Liebt er mich noch? Liebt er mich nicht mehr? Liebt er mich mehr als seine Ex? Zieht er gerade um? Wie gefällt ihm seine neue Wohnung? Bekommt er die erwünschte Beförderung? Ist er in einer neuen Beziehung? Was denkt er wirklich über mich?

Schuldig im Sinne der Anklage! Wir haben alle schon einmal wissen wollen, was „er“ gerade treibt. Und wenn eine nette Kartenlegerin¹ verfügbar war, haben wir sie angerufen. Und wenn sie besonders nett war, hat sie uns auch Auskunft gegeben – vielleicht nicht gerade die, die wir erwartet oder erwünscht haben, aber doch immerhin eine Auskunft, die unsere quälende Ungeduld etwas besänftigt hat.

Und nun stehen wir, in einem ruhigen Moment, vor der ethisch-moralischen Frage, ob das denn so ganz richtig war, jemand anderem „hinterher zu spionieren“. Denn das Kartenlegen für andere Personen hat so seine Tücken und Besonderheiten, und es gibt zu Recht auch ethische Bedenken, die damit verbunden sind. Deshalb die wichtigste Frage vorweg: Darf man überhaupt für abwesende Personen – also klassischerweise den Partner, oder Ex-Partner – die Karten legen?

Fragen beim Kartenlegen
Grundsätzlich sind in einem großen Kartenblatt – zum Beispiel im „grand tableau“ der Lenormand-Karten oder in der vollständigen Skat-Auslage – alle Aspekte und Informationen gegeben, die mit der Fragestellerin zu tun haben.

Das große Kartenblatt, das bei einem komplexen Problem immer zu empfehlen ist, zeigt nämlich alle Lebensbereiche und die damit verbundenen Angelegenheiten, Emotionen und Personen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass in „ihrem“ Kartenbild auch „seine“ Person und seine Aktivitäten und Wünsche auftauchen, denn er ist ja mit ihr verbunden und er ist oder war in einer Beziehung mit ihr.

Auch Fragen nach „seinem“ Verhältnis zu ihr und „seinen“ Gefühlen für sie sind grundsätzlich zulässig, und sie machen in vielen Kartenberatungen gleichsam das Salz in der Suppe aus, da sie doch genau die Aspekte beinhalten, die zu wissen wir alle so erpicht sind.

Wissen zu wollen, wie sich eine entstehende Beziehung entwickeln will oder ob die neue Chat-Bekanntschaft Chancen hat, ist grundsätzlich unproblematisch und auch sehr menschlich, denn wir wollen alle wissen, welche Gelegenheiten für die Zukunft im Schoß der Gegenwart bereits verborgen liegen.



Auch der Anlass, in einer Beziehungskrise oder Ehekrise, in der vielleicht die Worte schwer fallen, den Partner und seine Gefühle genauer zu ergründen mit Hilfe der Karten, ist völlig legitim und solche Fragen sind erlaubt. Doch es gibt Grenzen der Zulässigkeit und Zuständigkeit von Kartenberatung, und diese sind recht leicht überschritten. Auf diese Grenzen wollen wir jetzt zu sprechen können.

1. Die Kartenauslage als sozialer Spiegel

sozialer Spiegel
Karten sind ein Spiegel sowohl des menschlichen Unterbewusstseins, als auch der äußeren Welt, also des Mikro- und Makrokosmos. Im großen Kartenbild sieht man daher niemals nur „ihn“ oder sie und ihn gemeinsam, vermittels der Personenkarten wie „Herzkönig“ und „Herzdame“, sondern in der Regel auch eine ganze Menge anderer Personen, die mit der Fragestellerin in mehr oder weniger enger Verbindung stehen.

Auch andere Personen, die mit der Fragestellerin verbunden sind, wie ihre Eltern (sofern sie noch leben), ihre Kinder (sofern sie welche hat), ihre Freunde oder Kollegen können in ihrem Kartenbild auftauchen, und tun es häufig auch.

Sofern im Kartenbild also der sogenannte soziale Rahmen der Fragestellerin auftaucht – was praktisch fast immer der Fall ist, da nun einmal niemand auf der berühmten einsamen Insel wohnt – ist das einfach ein normaler Prozess und hat auch mit „Spionieren“ in fremden Angelegenheiten nichts zu tun.

Auch Fragen nach diesen Personen, die im Kartenbild auftauchen, und an die man möglicherweise gar nicht gedacht hat beim Formulieren seines Anliegens, sind berechtigt und erlaubt. Denn der Fokus beim Kartenlegen liegt immer auf der Fragestellerin selbst, und insoweit, wie zu ihm eben auch ein Geflecht von sozialen Beziehungen gehört, ist auch dieses im Bild mit enthalten, wie ein Rahmen, der sich um die Hauptperson selbst bildet.

Das ist gut und auch richtig so, und über diese Informationen kann die Fragestellerin wiederum sehr viel über sich selbst erfahren, zum Beispiel, ob sie eine bestimmte Person verletzt hat, oder ob sie ihr Verhalten ändern sollte. Diese Art von sozialem Rundumblick im Kartenbild orientiert uns über die Wahrheit sozialer Beziehungen – die wir manchmal, aus unserem persönlichen Blickwinkel, etwas verzerrt sehen – und ist daher eine normale Begleiterscheinung des Kartenlegens, das als Spiegel der Fragestellerin immer auch deren Umfeld beleuchtet.

2. Personenbeschreibung in den Karten

Grenzverletzung
Sofern Personenbeschreibungen im Kartenbild bei der Rolle bleiben, die diese Menschen im tatsächlichen Leben für die Fragestellerin spielen, und die Fragen, die man über sie stellt, im Zusammenhang mit unseren realen Beziehungen bleiben, ist es zulässig und auch unterhaltsam, sie zu stellen.

Am besten ist es ohnehin, wenn die Kartenlegerin ihre Karten spontan eine Geschichte erzählen lässt und dabei abwartet, wie sich diese Geschichte ganz natürlich entwickelt, indem sie von den Personenkarten ausgeht und deren Beziehung zueinander, und womöglich noch zu anderen Personen, beschreibt und analysiert.

Doch es gibt auch Situationen, in denen das Anliegen der Fragestellerin über den „social gossip“, also das Gerede als sozialer Funktion, wie es in jeder Gesellschaft und Gruppe stattfindet, hinaus reicht. Das sind die Fälle, in denen eine Frage an die Karten wirklich in Bereiche vordringt, die man etwas zynisch als esoterische Spionage bezeichnen könnte.

Man könnte auch sagen, es sind einfach Grenzverletzungen. Wenn eine Schwiegermutter zum Beispiel wissen will, welche Verhütungsmethode die Schwiegertochter benutzt oder wann es endlich so weit ist mit dem erwünschten Nachwuchs, oder wenn eine Ex-Frau über die Karten ergründen möchte, ob der neu verliebte Gatte sich mit der neuen Freundin sexuell gut versteht, dann sind eindeutig Grenzen überschritten – Grenzen des guten Geschmacks, Grenzen der Wahrnehmung, aber auch Grenzen der Erziehung und des sozialen Anstands.

Man kann sich also merken: man sollte die Karten wirklich nicht zu Dingen befragen, die man die betreffenden Personen nicht direkt fragen würde. Denn es gibt eine Privatsphäre und eine Intimsphäre, die man selbst wahren möchte, und die man aus Gründen der Fairness auch bei anderen Personen wahren sollte.

Fragen zum Gesundheitszustand, zur Sexualität und zum möglichen Tod anderer Menschen sollten für jede Fragestellerin tabu sein! Das verlangt einfach der soziale Respekt, doch es kommt in der Praxis leider häufig vor, dass diese einfachen Regeln gebrochen werden, weil die Neugier des Ratsuchenden zu groß ist.




Manchmal kommt es auch vor, dass Eltern gegenüber ihren (erwachsenen) Kindern keinerlei Hemmungen kennen und ohne Scham mit Hilfe der Karten in private Bereiche vordringen wollen, die sie wirklich, auch als Eltern, nichts angehen. Einige Kartenlegerinnen lehnen es deshalb kategorisch ab, Eltern Fragen zu ihren erwachsenen Kindern zu beantworten, zumal wenn die Eltern offensichtlich zu weit gehen und distanzlos sind.

Und noch ein Faktor ist ganz wichtig: welche Absicht, welche Motivation hat die Fragestellerin eigentlich? Will sie einfach aus Anteilnahme mehr wissen, um die betreffende Person besser zu verstehen, oder geht es um Kontrolle? Wenn letzteres der Fall ist, sollten die Karten nicht dazu missbraucht werden. Denn Kontrolle und das Bedürfnis danach haben nichts mehr mit Liebe zu tun.


¹ Wir wählen hier meist die Begriffe „Kartenlegerin“ statt „Kartenleger“ und „sie“ statt „er“ aufgrund der statistischen Häufigkeit der weiblichen Vertreter dieses Berufsstands. Hiermit ist keinerlei Wertung verbunden. Alles Gesagte gilt gleichermaßen auch für die Männer, die als Kartenleger arbeiten.

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